Laufende Forschungsprojekte am Lehrstuhl für Neueste Geschichte
„Gastarbeiterinnen“ aus Griechenland in der Bundesrepublik, 1960er-1980er Jahre
Promovierende: Thordis Kokot, Betreuerin: Isabel Heinemann
Das Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit dem Alltags- und Arbeitsleben, besonders aber mit dem politischen Handeln der griechischen „Gastarbeiterinnen“ in der Bundesrepublik der 1960er bis 1980er Jahre. Grundannahme ist, dass die Arbeitsmigrantinnen der „ersten Generation“ auf verschiedenste Weise an gesellschaftlichen Interessenaushandlungen partizipierten. Das Projekt greift somit unterschiedliche Desiderata der zeithistorischen Migrationsforschung auf: Erstens stellt es mit den weiblichen Industriearbeiterinnen eine bisher marginalisierte Personengruppe in den Vordergrund, zweitens konzentriert es sich auf eine wenig erforschte Nationalitätengruppe und drittens betrachtet es die Arbeitsmigrantinnen (und Arbeitsmigranten) dezidiert als politische Subjekte und hinterfragt dadurch Objektivierungs- und Viktimisierungstopoi sowie die Reduzierung der Arbeitsmigration auf den wirtschaftlichen Bereich. Mehr
Antifeminismus in der Bundesrepublik von den 1950er bis in die 1990er Jahre
Projektleitung: Isabel Heinemann, Bearbeitung: Benedikt Breisacher
Das Projekt behandelt Konjunkturen, Akteur*innen, Themen und Praktiken anti-feministischen Aktivismus von den 1950er bis in die 1990er Jahre. Die Geschichte des Antifeminismus in der BRD stellt ein Forschungsdesiderat dar, welches das Spannungsverhältnis zwischen Demokratiekonzepten und Vorstellungen ‚natürlicher‘ Geschlechtscharaktere beispielhaft verdeutlicht. Nach 1945 verstanden sich zahlreiche Akteur*innen aus konservativen Frauenverbänden, Sozialwissenschaften, Kirchen und Parteien als Demokrat*innen, beharrten jedoch auf einer traditionellen Geschlechterordnung. Mehr
© Peter Leßmann
Bevölkerung, Familie, Individuum: Wissensgeschichte der Humangenetik in der frühen Bundesrepublik
Projektleitung: Isabel Heinemann, Bearbeitung: Lukas Alex
Das Projekt analysiert die Geschichte der Produktion, Zirkulation und Rezeption humangenetischen Wissens an der Scharnierstelle zwischen Diktatur und Demokratie. Es untersucht die Geschichte der Humangenetik in der frühen Bundesrepublik mit Blick auf ihre Akteurinnen und Aktuere, die Systematisierung und Ordnung von Wissenschaft und Wissensbeständen, sowie die Repräsentation und Medialität humangenetischen Wissens. Den Ausgangspunkt der Analyse bildet die Frage nach dem Wandel der Begriffe „Bevölkerung“, „Familie“ und „Individuum“ als Leitkategorien humangenetischer Forschung und Beratung. Mehr
© Eno Liedtke
Geschlecht • Macht • Staat: Medialisierung, normative Rahmungen und soziale Praktiken
Netzwerkmitglied: Isabel Heinemann
Das Forschungsnetzwerk untersucht das Spannungsgefüge zwischen den Leitbegriffen „Geschlecht • Macht • Staat“, das sich in den Dynamiken der formellen und informellen Praxis von Macht und Herrschaft manifestiert. Erfasst werden Wechselwirkungen zwischen Medialisierungen, sozialen Praktiken und normativen Rahmungen in der Zuschreibung und Aushandlung vergeschlechtlichter (staatlicher) Macht im historischen Wandel von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart. Mehr
„Die Genossen muß man auch erziehen, daß sie die Gleichberechtigung der Frau begreifen.“ Eine geschlechterhistorische Untersuchung zum Ministerium für Staatssicherheit
Promovierender: Daniel R. Bonenkamp, Betreuerin: Isabel Heinemann
Das vorliegende Promotionsprojekt möchte das Ministerium für Staatssicherheit erstmals aus einer geschlechterhistorischen Perspektive heraus betrachten und rückt als akteurszentrierte Studie hierfür die weiblichen Mitarbeiter in den Mittelpunkt der Betrachtung. Welche Rolle spielten Frauen demnach für das MfS? Warum konnten sie bessere Leistungen erbringen als ihre männlichen Kollegen und waren ihnen dennoch untergeordnet? Aus welchen Gründen wurden sie in der Regel ausschließlich in subalternen Dienstleistungsfunktionen eingesetzt und arbeiteten daher nur selten in der ursprünglichen geheimdienstlichen Arbeit am Menschen? Mehr
Die Genese deutsche Kriegsverbrechen an der polnischen Zivilbevölkerung 1939. Eine Referenzrahmenanalyse
Promovierender: Florian Steinfals, Betreuerin: Isabel Heinemann
Das Projekt untersucht die Verbrechen der Wehrmacht an der polnischen Zivilbevölkerung im September 1939 und wählt dafür einen militär- und mentalitätsgeschichtlichen Zugang. Mithilfe der Referenzrahmenanalyse werden sowohl mentale und weltanschauliche als auch situative Deutungs- und Wahrnehmungsmuster der Soldaten und deren wechselseitige Abhängigkeit aufgezeigt. Ein Hauptaugenmerk liegt auf der antipolnischen NS-Propaganda, die mithilfe einer umfangreichen Feldpostanalyse auf ihre Rezeption und Wirkmächtigkeit hin überprüft wird. Mehr
Rationalität und Rausch: Wissenschaft und Kultur im Nationalsozialismus (Lehrbuch)
Bearbeiterin: Isabel Heinemann
Der Band bietet einen kompakten Einblick in die beiden Felder Wissenschaft und Kultur im Nationalsozialismus. Auf der Grundlage aktueller Forschungsliteratur und ausgewählter Quellen werden Organisation, Inhalte und Praktiken des Wissenschafts- und Kulturbetriebes untersucht. Die beiden Leitkategorien „Rationalität“ und „Rausch“ ermöglichen es, Handlungsspielräume und Motivationslagen zentraler Akteur*innen aber auch der Konsument*innen von Wissenschaft und Kultur zwischen rationalem Kalkül und rauschhafter Begeisterung präzise auszuloten. Dabei zeigt sich, dass sich sowohl Wissenschaftler*innen als auch Kulturschaffende von den scheinbar grenzenlosen Möglichkeiten, die ihnen der Nationalsozialismus bot, faszinieren ließen, als auch, dass sie gezielt Gestaltungsspielräume nutzten und vielfach Grenzen zum Verbrechen überschritten. Das Lehrbuch erscheint Anfang 2024 im Kohlhammer Verlag in der von Stephan Lehnstaedt und Johannes Tuchel herausgegebenen Reihe „Die Nationalsozialistische Herrschaft“.
© Digitales Deutsches Frauenarchiv
Eine Geschlechtergeschichte der Bundesrepublik
Bearbeiterin: Isabel Heinemann
Die Monographie plädiert für eine Neuzentrierung der deutschen Geschichte nach 1945 aus der Perspektive auf Geschlecht – einer konsequent umkämpften Kategorie. In der Bundesrepublik stand das Gleichberechtigungsgebot des Grundgesetzes in deutlichem Widerspruch zu einer traditionellen Geschlechter- und Rechtsordnung, was heftige Deutungskonflikte auslöste. Demgegenüber setzte die DDR Gleichberechtigung mit weiblicher Erwerbsarbeit gleich, wurde ohne sich um die innerfamiliäre Rollenverteilung oder Aufstiegs- und Partizipationschancen von Frauen zu kümmern, was massiv zur Unzufriedenheit der DDR-Bürgerinnen mit dem als „patriarchal“ begriffenen Staat beitrug. Mehr