„Gastarbeiterinnen“ aus Griechenland in der Bundesrepublik, 1960er-1980er Jahre
Promovierende: Thordis Kokot, Betreuerin: Isabel Heinemann
Das Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit dem Alltags- und Arbeitsleben, besonders aber mit dem politischen Handeln der griechischen „Gastarbeiterinnen“ in der Bundesrepublik der 1960er bis 1980er Jahre. Grundannahme ist, dass die Arbeitsmigrantinnen der „ersten Generation“ auf verschiedenste Weise an gesellschaftlichen Interessenaushandlungen partizipierten. Das Projekt greift somit unterschiedliche Desiderata der zeithistorischen Migrationsforschung auf: Erstens stellt es mit den weiblichen Industriearbeiterinnen eine bisher marginalisierte Personengruppe in den Vordergrund, zweitens konzentriert es sich auf eine wenig erforschte Nationalitätengruppe und drittens betrachtet es die Arbeitsmigrantinnen (und Arbeitsmigranten) dezidiert als politische Subjekte und hinterfragt dadurch Objektivierungs- und Viktimisierungstopoi sowie die Reduzierung der Arbeitsmigration auf den wirtschaftlichen Bereich. Durch die Fokussierung auf einen konkreten Herkunftsstaat lassen sich außerdem Divergenzen und Konflikte innerhalb der Nationalitätengruppe nachzeichnen. So zielt die Untersuchung auf eine umfassende und transnationale Geschichte der griechischen „Gastarbeiterinnen“ und ihrer Handlungsmöglichkeiten in der Bundesrepublik.
Die griechischen Arbeiterinnen, die immerhin 42 Prozent der griechischen Arbeitsmigration zwischen 1960 und 1973 ausmachten, zeigten sowohl in Bezug auf ihr Herkunftsland als auch auf ihr Arbeits- und Alltagsleben in Westdeutschland reges politisches Interesse. Das Projekt fragt daher nach Formen und Themen ihres politischen Handelns und beleuchtet diese vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Konkret analysiert die Studie das Engagement der Griechinnen im Handlungsfeld „Arbeit“, etwa Streiks und Arbeitsgerichtsverfahren, sowie ihre Selbstorganisation im Handlungsraum Zivilgesellschaft, v.a. in den „Griechischen Gemeinden“.
Das Projekt steht an der Schnittstelle zwischen Sozial- und Migrationsgeschichte, Geschlechtergeschichte sowie Demokratie- und Gesellschaftsgeschichte und rückt explizit die Eigenperspektiven früh emigrierter und erwerbstätiger Griechinnen ins Blickfeld einer zeithistorischen Untersuchung. Zu diesem Zweck beruht die Studie auf einem breiten Quellenkorpus, das zahlreiche neue Quellen in die Forschungsdiskussion einbringt und zusätzlich durch Interviews ergänzt wird.
Gefördert vom Ev. Studienwerk Villigst